Vogel der Woche

Die Welt aus ornithomanischer Sicht!

Die Welt ist lustig, insbesondere aus Sicht der Vogelkundler. HikE schreibt seit vielen Jahren den „Vogel der Woche“. Angefangen hat die Serie im Morgenmagazin von Radio Unerhört Marburg, fortgesetzt wurde sie im Podcast Quatschbrötchen.

Vogel der Woche: #073 - Der Fistelfiep

18. November 2024

Heute: Der Fistelfiep. Bohlus dietensis.

Nicht alle mögen den Fistelfiep. Ich glaube, das ist sogar eine Beschönigung, eigentlich mag niemand den Fistelfiep. Er hat eine hässliche Stimme und das weiß er. Er hat ein bescheuertes Auftreten und auch das weiß er. Und er hat – aus ihm selber und anderen unerfindlichen Gründen – eine goldene Alula sobald es um Musik geht, die sich über den Darmausgang rückwärts durch den Körper ins Ohr bohrt.

Der Fistelfiep ist ein Vogel der 80er Jahre. Er hat sein Nest gebaut zu Zeiten, wo der extremkomprimierte elektronische Vocoderstandardsound der 90er und 2000er technisch fast noch gar nicht machbar war. Zu Zeiten des Fistelfieps gab es noch analoge Synthesizer, die man vollprogrammierte mit seinen Klangtapeten und alles klang dann entsprechend fistelfiepig – damals in den 80ern durchaus beeindruckend – solang der Fistelfiep selbst nicht den Fehler machte, dazu den Schnabel aufzureißen (fun fact: er singt einen extrem wackligen Sopran).

Und der Fistelfiep war nach einigen Fehlversuchen schlau geworden: er ist nun ein Instrumentalvogel, der sich flugs andere Hähnchen schnappte welche an seiner statt den Gesangspart übernahmen. Das Konzept ging auf.

Auch wenn der Fistelfiep bald selbst nicht mehr stimmlich zu hören war, hat sich sein musikalisches Konzept in die 80er Jahre Klangtapete ähnlich eingebrannt, wie das Werk des Zandergökels die späten 70er beherrschte.


Beteiligt:

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #072 - Schnabeltier

11. November 2024

Das Schnabeltier. Animalus rostralis.

Der Name sagt, was dies Tier frontal als Message in die Landschaft hält: ein Rostrum. Ein Schnabel. Ein plusminus spitzes Ding an der Seite des Körpers, wo sich auch auffällig viele Sinnesorgane stapeln – in Deutschland bräuchtes’te allein für diese Ansammlung von Sinnen bereits eine ordnungsamtliche Genehmigung wegen Versammlungsrecht und Demonstration und so, wenn’de das mal eben so durch eine Gegend tragen wolltest – und möglicherweise bekäms’te dann aufgrund dieses Rostrums, dieses **Monstrums in deiner Visage** eine Auflage, gefälligst zwecks Ausschließung jedweder Gefährlichkeit für die Nichtdemonstrierende Normalbevölkerung öffentlich-räumlings einen Polsternden Fluffel auf deinen Schnuffel zu pölpen. Deine Nase zu kaschieren, deinen Zinken zu entschärfen, oder wie der Anglophone reimt: „to chill your bill“.

Oder müsstest beim Schwertransportdurchegegendbehördenverbund -TM- eine Genehmigung für eine nächtliche Trageroute fernab öffentlich kitzliger Verkehrsknotenpunkte erwirken.

Das Schnabeltier hat daher in Deutschland eine Menge Probleme. Es kann nicht schreiben – das liegt am Fehlen eines opponierbaren Daumens((ohne Daumen kannste halt keinen Kuli halten, logisch)) – aber das wäre noch nicht das Problem, denn Inklusion macht in Germany, dass sich bestimmt im deutschen Amtsapparat ein opponierbarer Daumenersatzbeauftragter auftreiben lässt.

Das Schnabeltier kann nicht lesen. – Okay, auch dafür ließe sich in den Behördenhorden eine des Lesens mächtige Amtsricke aus ihrer Sasse hochmachen.

Aber selbst wenn das Schnabeltier – auf diese Including Weise nachgerüstet mit Prothetischem Daumen und externem Lesegerät – auf die polizeiliche Auflage oder den Formularberg stieße, welcher seine unangepasste Erscheinung umflattert wie liebeshungrige Fledermäuse ein Paarungsquartier -– selbst dann könnte es die ganze Angelegenheit nicht verstehen.

Denn die Evolution hat es zwar mit einem Schnabel ausgestattet, aber nicht mit einer Heiliger Bürokratius App.

Deswegen hat das Schnabeltier in Deutschland nicht nur eine Menge Probleme, sondern es ist hier auch ausgestorben.


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HikE Worth
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Friedhelm Fett
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Vogel der Woche: #071 - Der Schallamander

4. November 2024

Der Schallamander. Salamandra cyanodonta.

Dieser terrestrische Lurch hat es tatsächlich in die Kategorie der weltweit lautesten Amphibien geschafft. Salamander sind für gewöhnlich im Vergleich zu Fröschen mit ihren Schallblasen leise Tiere, welche höchstens mal einen Quieklaut von sich geben, wenn sie zu schnell durch den Pneu eines nächtlichen Radlers komprimiert werden.

Nicht so der Schallamander. Dieser wartet mit einer Bluetooth-Beschallungsanlage auf, die ihresgleichen in urbaner Wildbahn höchstens in blechernen SUV-Hüpfburgen mit herausgebass’ten Heckscheiben findet.

Für gewöhnlich werden solche Kaliber in Immobilien mit meterdicken Betonwänden installiert, der Schallamander hat seine Beschallung auf Räder gesetzt und lurcht obenauf sitzend mit Elektroantrieb in der Gegend herum, meistens an solchen Biotopen wie Bushaltestellen, Bahnhöfen und anderen öffentlichen Plätzen.

Alles, was in seinem Körper auch nur die leistesten Geräusche macht, wird per bluetooth auf diesen Megawatt-Boliden übertragen; nuppelt sich der Schallamander beispielsweise mit der Zungenspitze über die Lippen, gibt es ein Geräusch, das nur mit dem horrorartigen Schmatzen der 6 Meter großen Kinoreklamelippen beim Biss in ein Eis vergleichbar ist.

Und muss der Schallamander pupsen, dann denkt der unfreiwillige Hörer, falls er nicht ein Knalltrauma erlebt, sogleich an einen Tunnel, in dem er selbst auf dem Gleis steht, und der TGV kommt mit 300 km/h auch mal in den Tunnel. – Um zu gucken, wer noch da ist. –

Der Schallamander selbst ist übrigens stocktaub, er findet nur die Vibrationen der Bassbox so lustig, auf der er sitzt, deswegen ist das Dingen ja auch auf maximale Lautstärke gedreht…

Da sag‘ noch mal einer, das „Reptiliengehirn“ sei nicht schon bei den Amphibien vorhanden.


Beteiligt:

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #070 - Die Rauchschwalbe (2)

28. Oktober 2024

Heute: Die Rauchschwalbe II. Hirundo fumara.

Willkommen im Reich der Neozoen!

Neozoen sind Tiere, von denen zum Beispiel der Rheinländer sagt „Früher, do jab et sujet nit“ oder der Bayer: „Mir san mir“ oder die gewöhnliche braune Dumpfbacke: „Deutschland den Deutschen“. Also auf Gutdeutsch:

Neozoen sind Tiere mit Migrationshintergrund.

Aber eben nicht solche wie die Wandervögel, die quasi als Saisonarbeiter kommen und gehen, sondern solche, die kommen und – bleiben. Und dabei immer mehr werden.

Eines dieser Tiere ist die Rauchschwalbe. Kommt Ihnen bekannt vor? Die, die noch keinen Sommer macht? Ja, aber…

Hand aufs Herz: Haben Sie wirklich schon mal eine gesehen? Was wir allerdings sehen, sind immer häufiger die Nester der Rauchschwalbe. Kreisrund, flach bis halb kugelförmig hängen sie unter der Decke, in Biotopen wie Büros, Besprechungsräumen oder Hotelzimmern. Und viele Menschen erlauben den Rauchschwalben mittlerweile sogar, in Wohnräumen oder gar Kinderzimmern ihre Nester zu bauen.

In den meist mittig unter der Zimmerdecke befindlichen Nestern lebt eine nicht näher bestimmbare Anzahl von Jungtieren, die man jedoch, genau wie die erwachsenen Tiere, niemals zu Gesicht bekommt.

Zündet der unbedarfte Zimmerbewohner sich arglos eine Zigarette oder gar seine Tageszeitung an, dauert es meist nicht lange, bis die empfindlichen Jungtiere in ein herzzerreißendes Piepen ausbrechen.

Fleißiges Lüften bringt die kleinen Nesthocker aber in der Regel schnell wieder­ zum Verstummen.

Unter Ornithologen wie Bioethikern höchst umstritten ist allerdings das praktisch nicht vorhandene Brutpflegeverhalten der Rauchschwalbe, das freilich auch homozentristische wissenschaftliche Bewertungen wie „purer Altruismus“ oder „eines Kulturfolgers mehr als würdig“ findet.

Kommt es nämlich tatsächlich zu starker Rauchentwicklung infolge eines größeren Brands, so brechen die im Nest eingesperrten Jungtiere dermaßen in panisches Angstgeschrei aus, dass es dem unbedarften, meist menschlichen Zuhörer geradezu das Herz zerreißt und er schnellstens die Flucht ergreift, was wiederum wohl genau im Sinne der Evolution ist. Dass die Elterntiere ihren piepsenden Nachwuchs meist auch noch jämmerlich verbrennen lassen, ist zwar unverzeihlich, aber unter­ diesen Umständen mehr als entschuldbar.

Und für die Erhaltung der Art scheint dieses Verhalten der Rauchschwalbe nach neuesten Erkenntnissen ebenfalls irrelevant zu sein. Wenn’s gebrannt hat, geht man nach dem Aufräumen eben in den Baumarkt und kauft ein neues Nest, voll mit piepsenden Jungtieren.

Aber mal ganz ehrlich: Ein bisschen mehr Dankbarkeit hätten die kleinen Piepmätze doch verdient, oder?


Beteiligt:

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Raspelii
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Vogel der Woche: #069 - Seifenreiher

21. Oktober 2024

Der Seifenreiher. Ardea saponaria.

Der Seifenreiher hat eine ganz besondere Methode, um Beute zu fangen. Seine Kol­legen von der Stelzvogelzunft sind ja schon recht einfallsreich, da gibt es zum Beispiel einen Reiher (den Glockenreiher), der seine Flügel über seinem eigenen Kopf wie einen Sonnenschirm zusammenlegt und den Beutefischchen vor­gaukelt, er sei ein harmlos-­schattiges Plätz­chen – dabei lauert er nur darauf, dass was schnabelgerechtes in Achterbahnen um seine Füße herumschwimmt.

Andere Reiher staksen in Zeitlupe durchs Wasser und vertrauen darauf, dass die Fische nicht ahnen, wie weit die leise heranplantschenden Gestalten ihre Hälse vorstrecken können.

Der Seifenreiher hat eine noch irrere Stra­tegie. Er bekommt Schaum vorm Schnabel, sobald er Hunger hat – Seifenschaum. Dieser tropft ins Wasser, setzt dessen Oberflächenspannung herab und lässt Insekten absaufen, die vorher fröhlich auf der Wasseroberfläche spazieren gingen. Ein solcher „Insektenregen“ lockt natürlich sofort die Fische an, und der Seifenreiher kann sich nun ganz bequem das zu seinem Appetit passende Häppchen aus der bro­delnden Fressorgie um seine Stelzen he­rum rauspieken.


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HikE Worth
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Gregor Börner
Sprecher

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Vogel der Woche: #068 - Der Mangastar

14. Oktober 2024

Heute: Der Mangastar. Sturnus comicus.

Ein putziger kleiner Vogel sitzt im Baum und rührt uns mit gigantischen, glitzernden Glubschaugen zu Tränen. Wir wollen ihn sogleich pflücken und ganz doll lieb haben. Diesem Schicksal entzieht sich der Mangastar, indem er grundsätzlich außerhalb der Reichweite von hochhüpfenden, gerührten Menschen aufbaumt.

Außer seinen riesigen Kulleraugen besitzt dieser kleine Vogel eine weitere, auf Dauer recht unheimliche Eigenschaft: er rührt sich nämlich nicht, sobald man ihn anschaut. Es haben schon Leute zweieinhalb Stunden vor ihm gestanden und sich jedes Blinzeln verkniffen, um auch nicht die allergeringste Bewegung des Vogels zu verpassen – allein, es was zwecklos, sie konnten keine Bewegung wahrnehmen.

Aber – es wird noch viel unheimlicher.

Zwei Forscher der Plips-Universität Marburch bauten eine handelsübliche Schäuble-Kamera in den gegenüberliegenden Baum, die fortan rund um die Uhr treudoof zurück glotzte, und setzten ganze Kurse und Seminare junger, aufstrebender Studierender vor Überwachungsmonitore, bis diese Studierenden mit rotumrandeten Augen und entzündeten Bindehäuten meuterten, auf ihre Karriere verzichteten und bei der Blindenstudienanstalt einen Neubeginn wagten.

Der Vogel MUSSTE sich bewegen, das Bild vor der Kamera änderte sich gelegentlich, der Vogel schaute mal nach links, mal nach rechts, und so – aber gespenstischerweise immer nur dann, wenn KEINER hin guckte.

Auch in den Videomitschnitten, die Bild für Bild statt einer Eingangsklausur von Erstsemestern ausgewertet wurden, war niemals eine Bewegung des Vogels zu erkennen; einmal erfolgte diese Änderung im Schutze der Dunkelheit, so dass die Wissenschaftler schleunigst einen Scheinwerfer anbrachten – ein andermal erfolgte die Änderung, als eine universitätseigene 1-Euro-Putzsklavin Linse und Schäuble-Gehäuse von Algenaufwuchs befreite.

Das konnte nicht mit rechten Dingen zu­ gehen! Die Forscher arbeiteten einen Plan aus, um den Vogel zu fangen und im Dienste der Wissenschaft zu sezieren.

Als erstes wurden die Studierenden vor den Monitoren durch frische, mit künstlichem Tränenspray und Schutzbrille ausgestattete, ersetzt.

Als zweites besann man sich des Hausmeisters, schrieb einen Brief an die Universitäts­Zentralverwaltung, um höchstpräsidialen Erlass zu erheischen, des Hausmeisters zentralverwaltete Alu-Teleskopleiter an den Beobachtungsstandort verbringen zu dürfen.

Der Uni-Fuhrparkverwalter wurde ebenfalls höchstpräsidial angewiesen, ein geeignetes Transportfahrzeug zur Beförderung der Leiter geländegängig zu machen, und nachdem das frische Studierendenteam drei weitere Male ersetzt worden war und die Schutzbrillen mittlerweile mit einem 500 Gramm schweren Automatischen Künstliche-Tränenflüssigkeits-Zerstäuber aufgerüstet und Stative für die Kinne der Beobachter von der zentralverwalteten Uni-Schlosserei herbeiimprovisiert worden waren, machte sich an einem Montag Morgen die Expedition Plips-Schäuble unter dem Aktendeckel-Codenamen PIPS auf ihren legendären Weg und riss mit einem schwer gepanzerten Kettenfahrzeug eine bombastische, in Luftlinie verlaufende Schneise an Kollateralschäden zwischen Zentralverwaltzungsfuhrpark und Beobachtungsort quer durch Marburch.

Die kameraüberwachenden Studierenden wurden mittlerweile im 5-Minuten­-Takt ausgewechselt, aber immer so, dass mindestens fünf parallel den Monitor beobachteten, um jede Art von Fluchtbewegung des Vogels zu verhindern.

Das Kettenfahrzeug kam rasselnd am Sitzbaum des Vogels zu stehen, der erste Forscher bestieg die gepanzerte, von sechs Security-Leuten gesicherte Alu-Teleskopleiter, schmolz auf Augenhöhe mit dem Vogel in ganz doller Liebe kurz dahin, worauf sein Kollege diesen Impuls mit Pfefferspray an einer Teleskopstange zunichte machte, der nun Geblendete griff nach dem Vogel – die Studenten schrien kollektiv auf, etwas hatte sich in ihrem Gesichtsfeld bewegt!

Denn die Hand des Wissenschaftlers war ins Bild gekommen! Sie arbeitete sich nun zerrend und ruckend an dem unbeweglichen Vogel ab!

Jubel breitete sich aus, nach Monaten endlich eine Bewegung… wenn auch nur die einer Hand. Aber Bewegung ist Bewegung – die erste Sektflasche wurde geöffnet, und der Korken zerballerte leider den Überwachungsmonitor.

Und damit überschlugen sich die Ereignisse.

Der Forscher, den Vogel fest mit der Faust umklammert, fiel ob des plötzlich fehlenden Widerstandes des bisher bombenfest sitzenden Tiers rückwärts von der Teleskopleiter, übergab seinem Kollegen den zerquetschten Geier mit den Worten: „Finde heraus, was sein Geheimnis ist.“, und verstarb dann unter dramatischer Geräuschkulisse.

Forscher Nummer Zwei wandte sich mit dem Vogelkadaver an die Anatomie und an die ornithologische Fachwelt, hatte bald heraus, dass dies ein Mangastar – Sturnus comicus – sei – und von anatomischer Seite kam auch bald der Befund, warum der Vogel bei Sichtkontakt bewegungslos verharrt: er hat riesige Augen – das war klar, eigentlich – und dazu ein winziges Gehirn.

Das Gehirn kann immer nur eins auf einmal steuern: entweder Bewegung oder Gucken.

Das liegt darin, dass er ein Manga-Star ist. Ein Anime-Star hat exakt eine Gehirnzelle mehr und kann sich deswegen gleichzeitig bewegen und gucken. Diese eine Gehirnzelle mehr macht sich sogar in der Schädelform bemerkbar.

 

Für dieses banale Ergebnis mussten 120 Studierende erblinden, musste halb Marburch verwüstet werden, ein Forscher und ein Überwachungsmonitor mussten dafür sterben.

Banal ist dies Ergebnis deswegen, weil man es schon längst auf gutefrage.net hat nachlesen können:

„Heidi ist ein Anime! Animes sind mit Bewegung. Mangas ohne Bewegung.“

„­Och, Heidi gab’s durchaus auch als Manga. Ich hatte als Kind sogar Heidi-Schablonen zum selberzeichnen.“

Und die Sonderkommission zu Plips-Schäuble – Codename Soko PIPS – wird noch lange was nachzuverwalten haben.

Zum Beispiel die Sargträger-Sonderzulage von sechs Security-Menschen im wissenschaftlichen Außeneinsatz mit Leiterfunktion.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #067 - Hemdling

7. Oktober 2024

Der Hemdling. Carduelis togae.

Entweder ackert der Hemdling mit an Fanatismus grenzendem Eifer im Garten, oder er sitzt gemütlich mit einer Flasche Bier vorm Fernseher. Sein Lebensraum sind Wohnzimmer, Garten und Grundstück (Spezialbegriff für Revier) und öffentliche wie auch nichtöffentliche Baustellen, auf denen er sich um so emsiger bewegt, je weniger öffentlich sie werden.

Hemdlinge sind fast ohne Ausnahme fest gebunden über mehrere Jahre. Ihre Weibchen locken sich gerne die Kopffedern mit Lockenwicklern und lieben die behäbige bürgerliche Lebensweise. Auch die Männchen lieben etwas über alles: Rasenmähergeräusche und Fußball.

Die wenigen Hemdling-­Junggesellen, die es gibt, sind und bleiben auch Junggesellen. NORSCHER (1990) vermutet, dies sei eine genetische Mutation, die in den Generationen immer wieder vereinzelt durchschlage. LASTWORD (1989) hingegen nimmt einen chronischen Weibchenmangel als Ursache an.

Hemdlinge, die in ihrem eingefahrenen Rhythmus gestört werden, werden so böse, dass sie eine Prügelei anfangen, die aber glücklicherweise nicht sehr langanhaltend geführt wird und dann auf ein paar Gläschen Bier endet. Oft wird auch gleich die weniger anstrengende Variante „Unter-Den-Tisch-Saufen“ statt einer Hauerei gewählt.

Der Hemdling ist bekannt für seine lauten, rauhen und unartikulierten Rufe und Geräusche. Er sieht aus, als hätte er ständig einen Sonnenbrand auf Brust, Rücken und Scheitel. So richtig braun wird er nie (Ausnahme: öffentliche Baustellen). Oft pfeift der Hemdling auch ein Liedchen, das man sich meistens ohne größere Ohrenschäden anhören kann.

Alles in allem ist der Hemdling ein gut berechenbarer Charakter, so dass es keine Schwierigkeiten geben muss, wenn nicht irgend jemand welche haben will – ein idealer Hausgenosse also. – Bevor man sich aber einen Hemdling zulegt, sollte man unbedingt herausfinden, auf welche Fußballmannschaft er geprägt ist – das ist für ein reibungsloses Zusammenleben unerlässlich.

Literatur:

  • Norscher, F. (1990): Stable lonesome-Hemdling populations are probably caused by mutation in the gene­ locus PAERCHEN-III. Journal of theoretical Genetics 5 (4): 367.
  • Lastword, I.H.T. (1989): Carduelis togae in lack of wife. Journal of irreproducable Ornithology 2 (2): 34.

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #066 - Die Flente

30. September 2024

Heute: Die Flente. Anas flenta.

Dieses lustige Tierchen ist nicht etwa ein besonders larmoyanter oder falsch ge­schriebener Zeitgenosse, sondern nichts anderes als der Grund eines uralten deutschen Sprichwortes und nebenbei auch der Namensgeber für ein Gewehr.

Um dies aufzuklären, müssen wir bis in die gotische Spätsteinzeit zurückkehren.

Um 1.000 nach Christus wurde in den Kir­chenbüchern eines heute nicht mehr exis­tenten Ortes namens „Brattzbahhe“ fol­gende Begebenheit vermerkt:

„Um darup zu kömmen, dinet sih [der] Köler in Flemis Entlin [das er] empor wurff; selbig Tirken wiset üm Pat wart [zum] Veld. Entlin schwunt nah in Veld, Köler sekelt in wizen gaben.“

Dieser kurze Text sagt nichts anderes, als dass ein Bratzbacher Köhler eine Flämi­sche Ente geworfen und dabei ein Kornfeld gefunden und abgeerntet hat. Zur dama­ligen Zeit herrschte eine große Hungersnot in Bratzbach, weil der einzige Bauer des Ortes verstorben war und sein Geheimnis – den Standort des Getreidefeldes – mit ins Grab genommen hatte.

Der Entenwurf – der auch heute noch an einigen Orten Europas als „Sport“ oder „Tradition“ gepflegt wird – diente als Orakel in Krisenzeiten. Wenn die Ente ihre Flügel ausbreitete und davonflog, galt das als schlimmstes Unglückszeichen; deswegen warf man bevorzugt flugunfähige Rassen wie die Flämische Ente (auch Flämische Fettfleckente genannt). Die derart miss­handelten Enten hatten natürlich nichts besseres zu tun, als nach ihrem Aufprall am Boden vor Schreck laut schnatternd davon­zurennen; der Werfer folgte dem Tier dann bis zur Erschöpfung einer der beiden – man lässt schließlich in Notzeiten keine fette Ente entkommen! – oder bis er was bes­seres entdeckte, wie unser Köhler, der auf die Weise das erntereife Feld des ver­storbenen Bauern wiederfand.

Aus Flämische Ente wurde später Flente; noch heute sagt man: „Die Flente ins Korn werfen“.

Auch das Schießgewehr erbte später den Namen der Entenrasse: Erpel dieser Rasse warf man nämlich besser nicht – sie neigten zum Jähzorn, drehten sich nach dem Aufprall um und attackierten den Werfer mit sehr schmerzhaften Hieben in alle erreich­baren Körperteile. Aufgrund eines be­sonders harten und spitzen Schnabels und einer für Enten unglaublichen Re­aktionsgeschwindigkeit fühlten sich solche Bisse und Schnabelhiebe wie Schüsse an.

Der erste aktenkundige Mensch, der ein geladenes Gewehr in die Luft warf, dürfte nach dessen Aufprall am Boden ziemlich genau die gleichen Gefühle in den Waden gehabt haben, denn sein schmerzerfüllter Ausruf: „Aauaah – det piesakkt ess ne Flente!“ blieb schließlich als Spitzname an dem Schießprügel haften.

Das Werfen von Gewehren wurde gesetz­lich verboten, über das Werfen von Flenten streiten sich heute Tierschützer mit Bürger­meistern [TAZ 18.8.2005].


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #063 - Gummihuhn

23. September 2024

Das Gummihuhn. Gallus latex.

Das Gummihuhn ist ein sehr beliebter Vogel, es wird von vielen Menschen wegen seiner Stimme gemocht

<Geräusch>

Das Gummihuhn gehört zwar zur Gattung der Hühner, dennoch gibt es einige Unterschiede zu anderen Hühnern. Als Beispiel kann man hier die Form des Gummihuhns nennen, diese wirkt eher länglich statt rund.
Beim nächsten Geräusch kann man vermuten, das Gummihuhn sucht sich ein paar Körner:

<gackern>

Allerdings kommen Gummihühner sehr gut ohne Nahrung aus. Diese Vögel ernähren sich im wahrsten Sinne des Wortes von Luft und Liebe. Luft ist hierbei allerdings das wichtigste, die charakteristischen Geräusche entstehen beim Gummihuhn durch eine spezielle Atemtechnik beim Ein- und Ausatmen.

<gackern>

Das Gummihuhn ist ein sehr beliebter Vogel, vor allem bei Quatschköpfen, Spielkindern und sogar bei Hunden. Wobei letztere auf dem Gummihuhn herumbeißen während das Gummihuhn um sein Leben schreit!

<lautes quietschen>

Spielkinder und Quatschköpfe empfinden das Gackern des Vogel als lustig, weshalb Gummihühner auch immer wieder zweckentfremdet werden. Als Beispiel kann man eine Gruppe Musiker nennen die ihr Schlagzeug mit Gummihühnern ausgestattet haben.

<musik>

Gummihühner lieben Musik, wobei sich Gummihühner nicht auf eine Musikrichtung festlegen, sie lieben auch klassischere Musikstücke

<klassik>

Gummihühner können hervorragend einzeln gehalten werden, bei diesen Vögeln muss nicht davon ausgegangen werden, dass diese irgendwann vereinsamen. Das Gummihuhn ist allerdings sehr vielseitig, wenn man es mit anderen Tieren in einer Herde halten möchte, ist dies auch kein Problem. Gummihühner musizieren auch gerne in der Gruppe.

<duett>

Mit musikalischen Beispielen könnte man an dieser Stelle stundenlang weitermachen, ein Musikstück möchte ich Ihnen allerdings nicht vorenthalten. Beethovens „Für Elise“, ein Musikstück was viele nur noch aus Telefonwarteschleifen kennen.

<für elise>

Damit sollen die musikalischen Beispiele aber auch schon reichen, Gummihühner können ja weitaus vielseitiger eingesetzt werden. Diese spezielle Atemtechnik, wodurch die Charakteristischen Geräusche entstehen kann auch zweckentfremdet werden. Die Tiere brauchen nur Luft, egal wo diese herkommt und wie dreckig diese ist. Als Beispiel kann man hier auch ein Auspuffrohr eines Traktors aus den 1970er Jahren nehmen.

<treckerhuhn>

Damit klingt der Traktor auch einfach viel lustiger. Weil es so schön war hören wir uns das gleich nochmal an.

<treckerhuhn>

Gummihühner sind ein hervorragendes Haustier, sie sind leicht zu halten und brauchen kein Futter! Ein wenig Luft werden Sie ja wohl für Ihr Haustier übrig haben.

Wir finden: jeder sollte ein Gummihuhn haben, es macht einfach Spaß!

Hören Sie doch mal (lachend) <gackern>


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Gregor Börner
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Vogel der Woche: #064 - Der Fimmelpilz

16. September 2024

Heute: Der Fimmelpilz. Hipsteria schwallhalla.

Der Fimmelpilz bringt mit großer Regelmäßigkeit und epidemieartig Menschen auf sehr dumme Ideen, die sich typischerweise in gemeinsamen Halluzinationen manifestieren; derzeit ist eine solche Epidemie zu beobachten am Aufploppen der Manufakturen für Alles und Jedes; sei es eine Frisur Manufaktur, eine Fleisch und Wurst Manufaktur, eine Eis Manufaktur oder eine Fritten Manufaktur.

Diesen halluzinatorischen Erlebnisswelten wohnt ein gemeinsamer Faktor inne: nämlich, dass Phantasiepreise für Produkte von weit unterdurchschnittlicher Qualität erhoben werden; das So-Sehr-Besonders-Sein zählt, wenn ich eine einzelne Manufaktur-Fritte mit einem daranliegenden Körnchen einer geeisten Erdbeere für zwanzig Euro unter permanentem Duzen und Anrede mit einem Phantasienamen verkonsumieren darf.

Oder wenn ich ein erbsengroßes Eiskügelchen der Geschmacksrichtung Linse-Tellerrand in einem Pokal voller Tafelwasser mit einem Spritzer Salt-Vinaigrette und einem Veilchenblütenblatt drinne kredenzt bekomme, und mir die Kredenz-Person ganz klar macht, dass das „so ganz true Very very“ ist und keine Blumenvase mit Resten des Abspülwassers drin. Na ja, dafür lass ich dann auch schon mal ’nen braunen Lappen oder dessen Äquivalent „mit Karte, bitte“ von meinem Konto runtersaugen.

Und nun gar eine Fleisch und Wurst Manufaktur mit einem Plastiktier in Schweineform, So Kommet und Kaufet Plastikfleisch, das wir eigentlich aus’m Aldi gezogen haben, und dann mit den Schnittabfällen aus unserer kleinen Frisur Manufaktur paniert, auf Eure Teller drapieren, woraufhin Ihr Euch in Wollust stöhnend am Boden wälzen möget – der Spaß kostet dann einen grünen Lappen, weil, da ist ja mehr als zehn Gramm…

Mögt Ihr dies jetzt für ein akutes Manufakturen-Bashing halten, so sei es drum. Ich weiß es besser. Denn der Fimmelpilz, der Leute in ihren kollektiven Individualrausch ausrasten lässt, sobald es um Nouvelle Cuisine, Hipster- oder sonstige Autosuggestionen des infiniten pseudo-intellektuellen Verfeinerns geht, der grassiert schon seit vielen tausenden von Jahren in der menschlichen Population herum. Er wird unter anderem auch im Märchen von des Kaisers Neuen Kleidern wiedergegeben, wo dann das kleine Kind als einzige Person der kollektiven Masse in die Landschaft kräht: „ey, der Tüp sitzt ja voll nackig auf seinem Sessel rum!“

Der Fimmelpilz findet immer wieder seine Kundschaft. Darauf eine linsengroße Menge Plastikfleisch mit geeistem Frittenhauch an Scheckkarte Deluxe in Frisur-Tafelwasser!

Und nun schau nicht so konsterniert drein, Du, sondern friss das auf. Du, du… Du Urmel.


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HikE Worth
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