Vogel der Woche

Die Welt aus ornithomanischer Sicht!

Die Welt ist lustig, insbesondere aus Sicht der Vogelkundler. HikE schreibt seit vielen Jahren den „Vogel der Woche“. Angefangen hat die Serie im Morgenmagazin von Radio Unerhört Marburg, fortgesetzt wurde sie im Podcast Quatschbrötchen.

Vogel der Woche: #092 - Die Attackelerche

31. März 2025

Heute: Die Attackelerche (Kamikazelerche). Alauda attacka.

Die Lerchen haben generell ein kleines Problem, nämlich das Gefährdetsein und Aussterben. Ihre Lebensräume werden zubetoniert, und der typische Lerchenflug funktioniert nicht auf Landebahnen und Parkplätzen, egal wie sehr diese in unbepflanztem Zustand einem Acker ähnlich sehen mögen. Die den Asphalt beweidenden bunten Blechbeulen stören erheblich. Außerdem gibt es immer weniger zu futtern für die Lerchen, denn ihre Snacks kommen grundsätzlich unverpackt daher und können auch schon mal fliegen. – Natürlich treffen diese Kriterien auch irgendwie auf eine Boeing 747 zu, jedoch gibt es mit letzterer mehrere kleine Probleme; das beginnt beim fehlenden Dosenöffner und endet nicht zuletzt bei der Größe der Schnabelöffnung der normalen Lerche.

Die Lerchen sind sich der Problematik ihrer Existenz durchaus bewusst und haben sich gebietsweise zu Interventions-Gruppen zusammengeschlossen, die Guerilla-Gardening betreiben, mit Infoblättern auf ihre Lage aufmerksam machen, und sich auch als Anlaufstelle und Kooperationspartner für andere gefährdete Vogelarten (zum Beispiel den Tierfreund-Kiebitz) der Acker-, Feld- und Wiesenbrachen betätigen. Wo immer sie können, bilden sie Banden und bringen der menschlichen Bevölkerung die Flötentöne bei.

Im April 2012 kam es zu einer offenen Konfrontation zwischen Lerchen und Ornithologen, deren Hintergrund in der Öffentlichkeit weitestgehend unverstanden blieb. Es ging ein Foto eines Steines, eines Fernglases mit kaputter Linse und einem Bekennerschreiben durch die Tagespresse, welches man dem anarchistischen Spektrum zuordnete und von dort an in der Politik die Anti-Linken-Gesetze weiter verschärfte.

Der Anlass des Steinwurfes war allerdings, dass ein bekannter Marburger Ornithologe Exkursionen zum Lerchen-Twitching anbot und bei dieser Gelegenheit viele Jahre lang mit schönster Regelmäßigkeit seinen zur 500 m langen Anfahrt verwendeten SUV auf den einzigen unbetonierten Fleck Erde parkte, welcher den letzten Lerchen des Gebietes als Rückzugsort diente.

Da mehrfache Info-Zettel („Sehr geehrter Mensch, Du parkst soeben dein Auto auf dem letzten Fleck unversiegelter Erde. Dieses Fleckchen ist der letzte Rückzugsort für die Lerchen in diesem Gebiet. Um Dich herum ist alles betoniert und asphaltiert, damit Dein Auto dort schön stehen kann, und wir bitten darum, das Du zukünftig nicht das letzte verbliebene Biotop zustellst und den Lerchen damit ihre Lebensgrundlage nimmst! Dankeschön für zukünftige Rücksichtnahme, Deine Lerchen“) unterm Scheibenwischer keine Abhilfe brachten, griffen die Vögel schließlich zum Wurfstein und lösten einen Sturm der Empörung in der Oberhetz-Presse aus, welcher in seiner Heftigkeit durchaus der 1993er Hetzkampagne gegen die Killerkrähe und der Riesenraubelster gleich kam und die Marburger Jägerschaft geschlossen den Abschuss der Kamikaze-Lerchen fordern ließ.

Presse-Überblick (chronologisch; dieser Teil ist nicht im Sprechtext enthalten):

  • Hitzetoth, Wahnfried (2012): Ornis verpisst euch. Kamikazelerchen schmeißen Steine auf angesehene Marburger Professoren. Oberhetz-Presse 16.4.2012
  • Professor Dr. Hase, Martin (2012): Wir müssen zusammenhalten gegen diese linke Brut. Kommentar. Oberhetz-Presse 16.4.2012
  • Professor Dr. Hase, Martin (2012): Wer ersetzt den volkswirtschaftlichen und volksgesundheitlichen Schaden, wenn ein Fernglas, das Instrument des Friedens, tätlich angegriffen wird? Leserbrief. Oberhetz-Presse 17.4.2012
  • Dipl. biol. Krafft, Tanja (2012): Patentgeschützte Methode zum Auffinden von Kamikazelerchen durch HASE- LIMNOLOGISCHE MULLUSKEN-ORNITOLOGIE entwickelt. Wissenschafts-Beilage. Oberhetz-Presse 18.4.2012
  • von Mannteuffel-Brunzbocker, Lindgund-Walpurga (2012): Abschuss freigeben! Die traditionelle Marburger Adels-Jägerschaft sieht sich in der Verpflichtung, renitenter linker Fauna die Grenze zu zeigen. Leitartikel. Oberhetz-Presse 18.4.2012
  • Prof. Dr. med. Dr. Dr. hc. Warzbach, Baldo-Guido (2012): Solidarität mit dem geschädigten Kollegen Professor Dr. Hase! Bald ist es wieder so weit, dass krankheitskeim-verbreitende Vögel Automobile beschmutzen und beschädigen. Leserbrief. Oberhetz-Presse 18.4.2012
  • Cornes, Gisela (2012): Lerchen-Aufstand in Marburg. Paramilitärische Vögel trainieren für den Kampf um Raum und beschädigen dabei ein Fernglas. Frankfurter Rundhau 20.4.2012
  • Cornes, Gisela (2012): Ein Heldenportrait: Professor Dr. Martin Hase überstand hinterhältigen Terrorangriff im Feld. Kollegen solidarisieren sich mit dem geschockten Ornithologen und rufen auf zu Spendenaktion. Marburger Samstagsheizung 21.4.2012
  • Cornes, Gisela & Wahnfried Hitzetoth (2012): Unsere Autos als Lebens-Begleiter (13): Der kampfbewährte SUV des Ornithologen Professor Dr. Hase. Innovations- und Lifestyle-Magazin der Bayerischen Motoren-Werke (3): 12-21
  • Hitzetoth, Wahnfried (2012): Eisvogel löst Lerche ab. Kicher-Brauerei gibt sich ein neues Logo. Oberhetz-Presse 25.4.2012

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #091 - Knutfangsperber

24. März 2025

Der Knutfangsperber. Accipiter knutivorus.

„Fang den Knut“ ist ein beliebtes Spiel unter Vögeln. Den unangefochtenen Rekord im Knutfang hält seit dem Jahr 2008 der Knutfangserber, der eine einzigartige Technik entwickelt hat, um den Knut zu fangen.

Als erstes stellt er eine Thermoskanne mit frisch gekochtem Tee ins Watt.

Als nächstes wartet er auf das Eintreffen des Sonderlings, der für gewöhnlich innerhalb der nächsten halben Stunde erscheint, weil er einen hohen Bedarf an frisch gekochtem Tee hat. Der Sonderling holt aus dem Rucksack seine eigene, leergetrunkene Kanne, und in dem Augenblick schnappt der Knutfangsperber kurz – symbolisch – zu, und sagt: „Hab Dich.“

Symbolisch deshalb, weil der Knutfangsperber den Sonderling mit Vornamen Knut noch viel öfter fangen möchte.

Knut tauscht grummelnd die leere gegen die volle Kanne und bleibt zur Belohnung kurz neben dem Knutfangsperber stehen, bis der ein Beweis-Selfie geschossen hat, welches er sofort zwitschert. Danach zischt der Sonderling wieder ab in die Flut, und Knutfangsperber wie Knut haben bekommen, was sie wollten.

Gelegentlich ist die Natur poetisch.

P. S. Nicht verwechseln mit dem Kurtfangsperber!


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #090 - Verstaucher

17. März 2025

Der Verstaucher. Gavia lyrica.

                    Es 
                   war 
                  einmal
                   ein
                Vogelvieh,
das  taucht'  von  spät  bis  in  die  Früh'
 in     Silben,     Worten,     Blattsalat,
  war selbst zum Reim sich nicht zu schad.
    Es reimt nicht schön, doch effektiv,
                das Versmaß
                hängt   des
               öftern schief.
             Auch hat sich gar
           manch Vers verstaucht
          den  Jambus,  der  auch
            nichts mehr taucht.

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #088 - KO-Ralle

10. März 2025

KO-Ralle. Rallus executans.

Die Ko-Ralle ist eine sogenannte Starkralle, sie unterscheidet sich von den anderen Rallen1) durch extreme Körperstärke. Wo sie hinfliegt, wächst kein Gras mehr und steht so schnell keiner mehr auf. Einige Ornithologen bezeichnen sie sogar hinter ihrem Rücken als den Popeye des Sumpfes – und achten sehr darauf, dass die Ko-Ralle diesen Spitznamen nicht hört, denn Humor besitzt die Ko-Ralle keinen, da wird sie zum Berserker. Und sie ist stolz darauf, keinen Humor zu besitzen.

Die Ko-Ralle hat eine ganz ordentliche Vermehrungsrate, wie wir aus dem Aufploppen von Kampfkunst-Zentren und Muskelpumperbuden allentorten schließen können. Jedoch ist die Ko-Ralle nicht so häufig wie zu erwarten wäre, da diese Kampfkunst-Zentren und auch die einzelnen Ko-Rallen sehr viel Werbung im Internet machen, um ihre gestählten Federkiele und vor Kraft berstenden Hühnerbrüste eingeölt auf Instagram zu präsentieren.

Doch im Internet lauern zwei Gefahren auf Vögel, die erste ist allgemeiner Natur und besteht aus dem Besuchten Internetfinken, diesem kleinen lila Schnitter mit seiner großen orangenen Kettensäge.

Dass ein so kleiner Vogel sie bedrohen könnte, bekommen die Ko-Rallen nicht in ihren Zerebralkomplex hinein, weil sie lediglich den Körper trainieren, nicht aber den graurosa Klumpen, der lose innerhalb ihrer Schädelkapseln herumkullert.

Die zweite Gefahr ist deutlich spezieller; es ist der Bratspieß findiger Broilerbudenbesitzer, welche gezielt das WWW nach eingeölten Hühnerbrüsten durchstöbern und wenig Hemmungen haben, Ko-Rallen durch kleine Lockschildchen in ihre Etablissements zu locken und anschließend als Grillhendl zu servieren.

Liebe Mit-Ornithologen, lasset uns eine kleine Gedenkminute für die KO-Ralle einlegen, wenn wir mal wieder vor einem Imbisswagen stehen, wo auf dem Asia-Würzmix mit Filzstift das Wort „Würzmix“ durchgestrichen und stattdessen „Kampfkunst Zentrum“ dazugeschrieben ist.

Und dann lasset uns ein „Grillhendl“ dort essen.

Guten Appetit.

1) den sogenannten Schwachrallen


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #088 - Die Doppelschnepse

3. März 2025

Heute: Die Doppelschnepse. Gannilago hickedei.

Die Doppelschnepse ist, was Zweireiher und Blauspecht gerne gemeinsam hinzukriegen wünschten, wenn sie denn nur endlich einmal in ihrem Leben im selben Biotop am Tresen zusammen abhingen: der allerbetrunkenste Vogel der Welt. Interessanterweise ist aber niemals die Doppelschnepse selber betrunken, sondern immer nur ihre Umgebung, und diese vollständig und mit 4 Promille Minimum.

In der Nähe der Doppelschnepse findet man erschreckend viele motorisierte Fahrzeuge, welche sich in schneller Bewegung befinden und den einzigen Festhaltepunkt für ihre Insassen darstellen – auch für die Insassen welche sich auf dem Fahrersitz befinden. Und regelmäßig hört man von exakt diesen Insassen, sie hätten rein gar nichts getrunken.

Nachdem sich derartige Beobachtungen und Behauptungen an einigen Strecken auffällig häuften, ließ das Verkehrsministerium mal einen Wünschelrutengänger und einen Ornithologen auf die Sache los. Der Wünschelrutengänger ist verschollen, der Ornithologe kehrte am Rande eines Alhohol-Komas befindlich aus dem Untersuchungsgebiet zurück und konnte vor seinem Exitus nur noch vermelden, dass ein Rudel von Gannilago hickedei seinen Einstand direkt neben dem auffälligen Straßenabschnitt habe.

Auch polizeiliche Untersuchungen lieferten als Ergebnis lediglich Beamte mit lebensgefährlichen 4 Promille an die Behörde zurück; es war vollkommen egal, ob diese in Zivil, in Uniform, im Ganzkörperkondom oder in einem Bleischrank das Gebiet betraten. Die Doppelschnepse beziehungsweise ihr fataler „Spirit“ drang durch sämtliche Materialien.

Das Problem konnte erst mit Hilfe von Robotern gelöst werden, welche, durch die erprobte Kampftrinkerstaffel der Marine gesteuert, die Doppelschnepsen in Lebendfallen festsetzten und sie alsdann unter großflächiger Absperrung der Straßen in einem nächtlichen Transport zur nächstgelegenen Kirschpralinen-Fabrik verfrachteten.

Dort kommentierte man verblüfft: „Oh, Dankeschön fürs zurückbringen, wir hatten die schon gesucht, weil unsere Kirschen nicht mehr reinhauten.“


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Jürgen Kolb
Sprecher

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Vogel der Woche: #086 - Der Klostergeier

17. Februar 2025

Heute: Der Klostergeier. Vultur melissae-spiritis.

„Immer mürrisch, nie vergnügt und niemals lügt.“

 

Der Volksmund beschreibt das Wesen des Klostergeiers so treffend, dass ich eigent­lich gar nichts mehr hinzufügen kann.

Dir Tonsur kennzeichnet den Klostergeier schon aus weiter Entfernung als solchen; Verwechslungsmöglichkeiten bestehen höchstens mit den neuseeländischen Keas, die in ein Auspuffrohr geschielt haben. Da sich die Verbreitungsgebiete der beiden Arten aber nur dann überschneiden, wenn versehentlich eine Kiste mit einem Kea drin in den Bayerischen Alpen abgeworfen wird, ist die Bestimmung des Geiers in 57 % aller Fälle korrekt.

Das kleine Kreuz um seinen Hals ist leicht zu übersehen, da es aus anspruchslosem Material wie Knochen besteht und nicht in der Sonne glänzt.

Der schärfste Konkurrent des Klostergeiers ist der Mönchs­geier; die beiden Arten besetzen die gleiche ökologische Nische und wetteifern bei jeder Gelegenheit um die Gunst der Seelen, die bei dem Aas, das bis vor Sekunden noch ihre Adresse in der körperlichen Welt dar­stellte, herumsitzen und auf den geistlichen Beistand warten.

Es toben regelrechte Schlachten um die die Ex-­Gemsen und ­ehemaligen Murmeltiere, und nicht selten gehen beide Geierarten leer aus, weil es den Huflern und Nagern zu dumm wird und sie eine „Selbsthilfegruppe für ge­strandete aber nicht kompetent bekehrte Murmelseelen“ oder ähnliches gründen.

Die Auerwahn­-Sekte ist mittlerweile zur größten Auffangstation für beendete Rauh­fußhühner geworden, und die Bockshorn­-Gemeinde für abgewrackte Paarhufer und Stirnwaffenträger hat eine eigene e­Mail­-Adresse im Internet.

Bei alledem verwundert es nicht, dass man den Klostergeier nur noch sehr selten beten sieht.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #085 - Boxhandschuh

10. Februar 2025

Heute: Der Boxhandschuh. Psittacatua tacarostris.

Am liebsten sitzen Boxhandschuhe auf Fäusten, ganz wie der stolze Adler auf dem hochgehaltenen Ende eines Falkners; sie haben ebenfalls Schnüre um die Gestänge, damit sie nicht unkontrolliert losfliegen, und sie besitzen ordentlich Wumm.

Der Unterschied zum Adler-auf-Falkner ist allerdings beträchtlich: Der Boxhandschuh kommt immer als Pärchen vor und ist höllenlaut. Er gibt am liebsten heroische Rockmusik von sich, die sich zum Einlauf von Boxern eignet – welche Art von Einlauf und auch welche Art von Boxer gemeint ist, bleibt hier getrost der Phantasie der Zuhörerschaft überlassen. Der Adler verzichtet auf ein solch unwürdiges Gehabe und quietscht höchstens mal auf eine unangenehm-wildtierische Weise, die an Kreide auf der Schultafel erinnert.

In freier Wildnis zeigen Boxhandschuhe ein interessantes Sozialverhalten: zwei Pärchen tun sich zusammen, befreien eine annähernd viereckige Bodenfläche von aller Vegetation und stellen sich anschließend pärchenweise in diagonal gegenüberliegende Ecken. Dann rennen sie aufeinander zu, um in der Mitte mit dumpfem Klatschen aufeinander zu prallen. Ihre riesigen, rundlichen Schnäbel sind zu dieser Art Schaukampf hervorragend geeignet; die beiden Pärchen klopfen sehr geschickt aufeinander ein, rennen ab und zu mal wieder in ihre Ecken, um dort einige Takte Bombastrock zu dudeln, um direkt wieder hervorzustürzen für eine nächste Runde. Sie führen diesen Balzkampf so lange auf, bis bei einem der Vögel die Batterien leer sind und er liegen bleibt; sein Partner stellt sich dann ebenfalls augenblicklich tot, und das triumphierende Pärchen steht ein wenig hoch aufgereckt herum, bevor es recht unspektakulär hinfort watschelt. Das gleiche – also hinfortwatscheln – tun auch die anderen, „unterlegenen“ Vögel wenig später.

Wozu dieser Kampf genau dient, weiß keiner; es gibt keine Zuschauer, und die Forscher stehen sogar vor dem Rätsel, ob die Pärchen jeweilig Brutpartner sind oder ob es Männlein gegen Weiblein geht; mensch weiß nicht mal, ob die Tiere in der freigeräumten Arena überhaupt unterschiedliche Geschlechter haben. Wahrlich, viel zu wenig weiß mensch überhaupt aus dem Wildleben des Boxhandschuhs zu berichten.

Gezähmte Pärchen des Boxhandschuhs verraten ebenfalls nicht viel über das Wildleben: sie halten zusammen, aber in Gefangenschaft hat noch niemals ein Pärchen gebrütet. Der Mensch war viel zu sehr damit beschäftigt, den Vögeln Bändchen an die Beine zu knoten und sich ihre natürliche Vorliebe, die Schnäbel feste aufeinander zu dotzen, im Kampfsportsektor zunutze zu machen, um sich über solche Feinheiten wie: „wo kommen eigentlich die kleinen Boxhandschuhe her?“ Gedanken zu machen.

Ein Pärchen Boxhandschuhe zeigt ohne ein kahles Viereck keinerlei Tendenzen, auf irgendwas zu prallen, und grölt lediglich laut bombastische Helden-Musik, die zum Einlauf verwendet werden kann. Manche Personen, die solche Musik mögen, tragen öffentlich Boxhandschuhe als lebende Lautsprecher mit sich herum. Seit dem Aufkommen von Bluetooth-Lautsprechern ist ein solcher Anblick aber seltener geworden, als der eines Falkners mit dickem Adler im öffentlichen Omnibus.

Guten Morgen.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #084 - Das Lahma

3. Februar 2025

Heute: Das Lahma. Lahmar scha.

Das Lahma bewegt sich in sehr gemäßigtem, schon gravitätischem Tempo, und reagiert allergisch auf Tröten, Hupen, Böllern und Trillerei. Jeder Automobilist, der wegen eines Lahmas auf’s Horn steigt, kriegt sofort etwas auf die Scheibe gerotzt, was nicht einmal die Wischerblätter freiwillig berühren möchten.

Als sehr wirksam verkehrs-entschleunigendes und lärmschützendes Tier wird das Lahma zunehmend bei Autofreie-Stadt-Demos mitgeführt; da es ansonsten kinderfreundlich, sozial, friedliebend, tolerant und kuschelig ist, sieht sogar die Polizei keinen Anlass, ein Lahma durch irgendwelche Geräusche unnötig zu provozieren.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #083 - Puckivogel

27. Januar 2025

Pucki

(Butschi pucki Butschi, 2019)

Ein ähnliches Schicksal wie der Butschi hat der ihm eng verwandte Pucki. Auch er wird gelegentlich so exotischen Vogelordnungen wie den Landraubtieren, Überfamilie Pygmaeotoelidea, oder den Karpfenartigen zugeordnet.

Der Pucki ist genau wie der Butschi im Gittergehäuse arretiert und wird von Primaten zugequasselt, die nix besseres zu tun haben als ein Sperrfeuer der ewig gleichen Doppelsilbe auf ihr Zielobjekt, den Knastvogel, abzuballern. Es scheint irgendwas hypnotisches zu sein an dieser Silbenkombination, die in Verbindung mit eingesperrten kleinen Tieren einen ganz eigenartigen Sinn für Ästhetik bei Butschi- und Pucki-Besitzern anzusprechen scheint. Der Wortschatz solcher Menschen enthält noch weitere Worte, die dem gleichen Reimschema folgen und in etwa folgendes bedeuten:

  • Dutzi Dutzi – ein neonates Objekt der eigenen Artzugehörigkeit, während der Äußerung dieser Silben für gewöhnlich in einem Gitterbettchen geknastet
  • Butzi Butzi – Bedürfnisäußerung des oralen Besabbernwollens anderer Entitäten gegen deren Willen (auch: „Gib Tanti ein Butzi“)
  • Mucki Mucki – Ausruf der Freude über eine Eissorte, Flirtversuch mit Bodybuildern oder erneutes Einschwafeln auf einen Käfigvogel.
  • Drucki Dutzi – Verbalinjurie gegen ein renitentes Printgerät – gehört nicht zum Wortschatz solcher Primaten, obwohl es ähnlich klingt.

Beteiligt:

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HikE Worth
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Gregor Börner
Sprecher

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Vogel der Woche: #082 - Teichrohrsäger

20. Januar 2025

Heute: Der Teichrohrsäger. Mergus pipaelacunis.

Der Teichrohrsäger sägt Rohre für Teiche. Nicht mehr und nicht weniger. Auf diese Weise betreibt er Feuchtbiotopherstellung, wenn mensch ihn nur machen lässt. Immer wenn der Teichrohrsäger ein Rohr entdeckt, welches Wasser führt, scharrt er darunter zuerst eine Mulde aus, kleidet sie alsdann mit gefundenen Plastiktüten, -fetzen und -folien aus, setzt seinen Schnabel an das Rohr und macht daraus ein Rohr, welches einen Teich mit dem notwendigen Nass beliefert.

Bei den Stadtwerken wird der Teichrohrsäger nicht gerne gesehen, auch in Wohnungen mag mensch ihn für gewöhnlich nicht dulden, da die Teiche sich dort gerne mal senkrecht in der Rigips-Verschalung befinden, was für brütende Enten sehr ungünstig ist.

Bei Renaturierungsmaßnahmen hingegen kann der Teichrohrsäger eine wertvolle Hilfe sein.


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Matthias Kreuzberger
Sprecher

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