5. August 2024
Heute: Der Albatrotz. Diomedea aeona.
Jener Vogel kann sich jahrzehntelang, majestätisch auf seinen weißen Schwingen über den Ozean gleitend, in der Luft halten. Sein Beharrungsvermögen ist wahrscheinlich einzigartig in der Welt der lebenden Tiere. Oder wie Irene Eibl-Eibesfeld, eine sehr berühmte Ornithologin, mal formulierte: „So viel Sturheit ist eigentlich ein arttypisches Bestimmungsmerkmal für den Feldspat.“
Die nächsten Verwandten des Albatrotzes zeigen ebenfalls bereits eine beachtliche Tendenz zum Langflug; die holt es teilweise drei Jahre lang nicht aus der Luft. Aus dieser Zeitspanne werden beim Albatrotz aber auch schon mal locker drei Jahrzehnte, wie Beringungs-Experimente an den Tag gebracht haben.
Ein großes Problem haben jene Albatrotze, die sich entscheiden, doch endlich mal zu landen: ihre Füße sind die Bodenberührung nicht gewöhnt und zucken jedesmal wie angestochen zurück; dadurch sind sie nicht wirklich eine Hilfe, und der Vogel muss sich schließlich nach einer langen Serie von Rücktritt-Kapriolen auf den Rücken werfen, um das Problem seiner übermäßig kitzligen Ständer in Griff zu bekommen. Er benötigt ungefähr eine Woche, um sich richtig herum hinstellen zu können und das zu tun, wozu er kam, nämlich das was Vögel so tun wenn ihnen langweilig ist weil sie am Boden hocken: sich noch mehr hinhocken und Eier ausbrüten. Sobald ein Albatrotz diesen Programmpunkt erledigt, und auch den nächsten, nämlich das Volltanken der Küken mit Kalorien, mit Erfolg absolviert hat, schmeißt er sich aber direkt wieder von seinem Felsen runter und juckelt die nächsten dreißig Jahre in der Luftfahrtgeschichte rum, schreit ab und zu mal die Fische an, kackt aufs Meer, hört Langspielplatten von Tangerine Dream und denkt über Poppen nach.