Vogel der Woche: #063 - Der Zeitmops

9. September 2024

Heute: Der Zeitmops. Canis tempofugitus.

Der Zeitmops mopst einem Zeit. Er ist possierlich, erinnert an irgendwas anderes, und das war‘s dann mit dem Tag.

Der Zeitmops geht dabei so subtil vor, dass mensch überhaupt keinen Zorn auf den Hundoiden entwickeln kann, denn er verschwendet dabei keine finanziellen oder materiellen Ressourcen, zerkaut also weder Bankkarten noch Portemonees, baut keine Hindernisse in den Weg, trötet nicht seine Eigenbedürfnisse mit Leine im Maul oder per Stepptanz mit der leeren Schüssel in die Gegend, er ist einfach nur durch seine Anwesenheit ablenkend.

Die Menschheit zerfällt über den Zeitmops in mehrere Meinungshoheits-Lager:

  • die einen meinen, das sei eigentlich ein positiver Skill.
  • die anderen meinen, das sei bestimmt Gehirnwäsche.
  • eine dritte Gruppe meint, die erstgenannten zwei Gruppen hätten beide einen mentalen Hau.

Währenddessen kratzt sich der Zeitmops fröhlich hinter dem Ohr, kaut auf seiner Sanduhr und lauscht ergeben weiter dem menschlichen Geblubber.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #062 - Der Butschi

2. September 2024

Heute: Der Butschi. Butschi butschi.

Ein Vogel von sehr unterschiedlicher Gestalt ist der Butschi. Jedoch haben all seine verschiedenen Morphen eins gemeinsam: Sie tauchen immer in menschlicher Obhut auf und bewohnen meist einen Einzelknast – mal mit, mal ohne Spiegelchen und Glöckchen und Plastikkumpel. Butschis werden zu den verschiedensten Vogelordnungen gezählt – mal gelten sie als Finkenartige, mal als Handfüßer, gelegentlich kommen sie auch in einer Hühner- oder Drosselversion daher.

Der seltenste, größte und auch lokal berühmteste Butschi wurde von Ornithologen gar als Höckerschwan angesprochen, was aber gar nicht stimmen konnte, weil er einen kurzen Hals, sehr dicken Kopf, gelbe Augen und messerscharfe Greifvogelklauen hatte.

Oft werden Butschis von ihren menschlichen Besitzern dermaßen repetetiv mit ihrem Eigennamen vollgetextet, dass sie ihn selber auswendig hersagen können. Ein solcher interspeziezistischer Dialog geht beispielsweise folgendermaßen von Statten:

Mensch: „Butschibutschibutschi“
Vogel: „SCHRÄÄK!“
Mensch: „Butschibutschibutschibutschibutschi“
Vogel: „Butschi. SCHRÄÄK!“

Die Lautäußerungen von Butschis können stark variieren: von flötenartigen Pfiffen und Trillern bis hin zu Schnarch-, Schnatter- und Klickgeräuschen reicht ihr Repertoire. Meistens sind sie leidlich handzahm, und gelegentlich erreichen einzelne Exemplare ein biblisches Alter, wie zum Beispiel der Butschi Georg, der flugunfähig auf den Galapagos lebt und sehr lange Zeit für eine Riesenschildkröte gehalten wurde.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #061 - Der Flussüberläufer

26. August 2024

Heute: Der Flussüberläufer. Tringa trancea.

Dieser Vogel kann auf dem Wasser gehen. Das hat ihm nicht nur Freunde eingebracht; die Erstbeschreiber KAPPLAN & GURUH fanden es noch lustig mit anzusehen, wenn der Flussüberläufer leichtfüßig über die Wellen trippelte, aber ihr Freundeskreis hat sich daran blutig zerstritten.

Biologie und Theologie haben sowieso schon nicht den Ruf, der anderen Fach­richtung gegenüber tolerant zu sein, aber die Diskussionen, die um das Überwassern des kleinen graubraunen Langschnabels geführt wurden, zeichneten sich durch zunehmende Intoleranz sich selber gegenüber aus.

Da stritten Theologen mit Theologen und Biologen mit Biologen, bis alles ein heil­loses Durcheinander aus Theorien und Thesen war. Die theologische Seite hat sich mittlerweile aus der Diskussion zurück­ gezogen, aber das Gezänk ist dadurch nicht schwächer geworden – nur blutiger.

Es gibt vierzehn Hauptthesen, warum der Flussüberläufer nicht untergeht, und 352
Thesen, warum er auf dem Wasser läuft.

Die wichtigsten seien hier angeführt:

1. Er geht nicht unter, weil er das Wasser verdrängt.
2. Er geht nicht unter, weil Enten das auch nicht tun.
3. Er trägt Schwimmweste unterm Brustgefieder. (unbewiesen)
12. Er nutzt die Oberflächenspannung des Wassers aus – ein Schuss Pril, und auch er würde eintunken.
55. Seine Federkiele sind mit Was­serstoff gefüllt. (unbewiesen)
56. Er ist leichter als Luft, und die Oberflächenspannung des Was­sers saugt an seinen Füßen und hält ihn unten.
59. Seine Füße sind so heiß, dass sich zwischen ihnen und der Was­seroberfläche ein Kissen aus ver­dunstendem Wasser bildet, wel­ches ihm Auftrieb gibt.
214. Seine Füße sind so kalt, dass das Wasser sich schockartig zusam­menzieht, wenn er drauf und dran ist, es zu berühren.
228. Er benutzt die Flügel und hält sich dadurch oben. (unbewiesen)
347. Er benutzt den Kopf und hält sich mit dem Schnabel irgendwo fest. (unb.)
348. Er hat ein superschnell verduns­tendes Deo, das ihm Auftrieb gibt. (unb.)


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #060 - Der Hundertwasserläufer

19. August 2024

Heute: Der Hundertwasserläufer. Tringa hundertwasseri.

Ein ausgesprochen graziles Tier, bunt angemalt und sehr eng verwandt mit dem Bruchwasserläufer.

Der Hundertwasserläufer brütet in künstleri­schen Tassen, die mindestens 100 Euro pro Stück kosten und aus limitierten und handsignierten Editionen stammen.

Seine enge Verwandtschaft mit dem Bruch­wasserläufer ist in diesem Zusammenhang als fatal anzusehen, gehen doch bei den üblichen familiären Besuchen rund 99% aller Hundertwasserläufer-Gelege mitsamt den Nistgelegenheiten zu Bruch.


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #059 - Das Rotkahlchen

12. August 2024

Heute: Das Rotkahlchen. Erithacus nudecula.

Schockmauser, Schwerenot!

Gerade eben noch twitschte das kleine bunte Vögelchen am Kühlergrill des Vierzigtonners vorbei. Dass es dabei fast sämtliche Federn lassen musste, kümmert den kleinen Kamikazeflieger wenig, Hauptsache, der rettende Straßenrand ist erreicht!

Es plustert sich – ähm ja. Es plustert sich nicht, stattdessen guckt es etwas bescheuert aus der – ähm ja. Es hat keine Wäsche.

11.947 Federn besitzt das herkömmliche Rotkehlchen an allen möglichen Stellen des Körpers. Dem kleinen Piepsgesellen im Gestrüpp neben der Leitplanke sind davon ungefähr 47 Stück verblieben. Diese Information gilt es nun erst mal zu verarbeiten.

In 100 Metern Entfernung hat soeben ein 40-Tonner einen Brückenpfeiler geschrammt, nachdem circa 11.900 Federn gleichzeitig durch die Lüftung ins Führerhaus gepustet wurden.

Traurig piepst das Rotkahlchen.

[Hinweis: eine schönere Version ist natürlich die von Felix (6 Jahre) im Quatschbrötchen #106! https://qqq.quatschbroetchen.de/qbe-vogel-der-woche-das-rotkahlchen/ ]


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HikE Worth
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Vogel der Woche: #058 - Der Albatrotz

5. August 2024

Heute: Der Albatrotz. Diomedea aeona.

Jener Vogel kann sich jahrzehntelang, majestätisch auf seinen weißen Schwingen über den Ozean gleitend, in der Luft halten. Sein Beharrungsvermögen ist wahrscheinlich einzigartig in der Welt der lebenden Tiere. Oder wie Irene Eibl-Eibesfeld, eine sehr berühmte Ornithologin, mal formulierte: „So viel Sturheit ist eigentlich ein arttypisches Bestimmungsmerkmal für den Feldspat.“

Die nächsten Verwandten des Albatrotzes zeigen ebenfalls bereits eine beachtliche Tendenz zum Langflug; die holt es teilweise drei Jahre lang nicht aus der Luft. Aus dieser Zeitspanne werden beim Albatrotz aber auch schon mal locker drei Jahrzehnte, wie Beringungs-Experimente an den Tag gebracht haben.

Ein großes Problem haben jene Albatrotze, die sich entscheiden, doch endlich mal zu landen: ihre Füße sind die Bodenberührung nicht gewöhnt und zucken jedesmal wie angestochen zurück; dadurch sind sie nicht wirklich eine Hilfe, und der Vogel muss sich schließlich nach einer langen Serie von Rücktritt-Kapriolen auf den Rücken werfen, um das Problem seiner übermäßig kitzligen Ständer in Griff zu bekommen. Er benötigt ungefähr eine Woche, um sich richtig herum hinstellen zu können und das zu tun, wozu er kam, nämlich das was Vögel so tun wenn ihnen langweilig ist weil sie am Boden hocken: sich noch mehr hinhocken und Eier ausbrüten. Sobald ein Albatrotz diesen Programmpunkt erledigt, und auch den nächsten, nämlich das Volltanken der Küken mit Kalorien, mit Erfolg absolviert hat, schmeißt er sich aber direkt wieder von seinem Felsen runter und juckelt die nächsten dreißig Jahre in der Luftfahrtgeschichte rum, schreit ab und zu mal die Fische an, kackt aufs Meer, hört Langspielplatten von Tangerine Dream und denkt über Poppen nach.


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HikE Worth
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Susanne S.
Sprecherin

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Vogel der Woche: #057 - Der Dreadspatz

29. Juli 2024

Heute: Der Dreadspatz. Passer botulotrichus.

Der Dreadspatz ist ein ganz entspannter Geselle mit einer sehr interessanten Gefiederform.

Er ist meist Vegetarier oder Veganer, und das muss er vermutlich auch sein, damit es nicht zu Kannibalismus kommt, denn sein Gefieder sieht aus wie lauter Würstchen.

Sein Gesang ist nicht ein Tschilpen wie bei den anderen Spatzen, sondern ein Chillen. Aber meist singt er nicht selbst, sondern lässt einen Kasten mit ein paar Lautsprechern drin singen, setzt sich mit einigen Artgenossen davor und hört sich das ganz entspannt an.

Seine pflanzliche Nahrung nimmt der Dreadspatz auf verschiedene Weisen zu sich, nicht nur Körnchen und Pilschen werden gepickt, sondern auch harzige Blättchen durch niedertemperaturige Verbrennungsprozesse in Feinstaubform überführt und eingeatmet.

Das Letztere ruft öfter mal einen nahen Verwandten des Dreadspatzes, den Sperrling, auf den Plan, welcher das Einatmen von Pflanzen-Feinstaub offiziell überhaupt nicht gut findet, aus irgendwelchen merkwürdigen Vorurteilen heraus direkt mit der Farbe Orange in Verbindung bringt, und daher den Dreadspatz gerne mit Pfefferspray bearbeitet – ohne indessen seine Inkonsequenz zu bemerken, denn Pfeffer ist auch ’ne Pflanze und Spray ist – technisch gesehen – auch nur Feinstaub…


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Caspar A.
Sprecher

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Vogel der Woche: #056 - Der Wetterhahn

22. Juli 2024

Heute: Der Wetterhahn. Gallus metereologicus.

Der Wetterhahn wird in den letzten Jahren immer mehr herausgefordert durch den Klimawandel bei gleichzeitigem Beharren einer treuen Fangemeinde auf zuverlässige Vorhersagen. Er ist auf seinem Gebiet ein Gott, allerdings einer auf Abruf (um mal die Musikgruppe „Letzte Instanz“ an dieser Stelle zu zitieren).

Der Kachelmann als Beispiel für einen der prominentesten Wetterhähne musste bereits vor Jahren seinen Balzplatz räumen, nachdem ihm aus der Gläubigengemeinde unsachgemäß-übergriffiger Umgang mit Wetterhennen vorgeworfen worden war.

Ob diese Diskussion zu Recht oder Unrecht besteht, soll hier aus ornithologischen Gründen mal ausgeklammert werden.

Was bei solchen Diskussionen jedoch immer vergessen wird, ist, dass der Wetterhahn das Wetter ebensowenig macht, wie der Wasserhahn das Wasser macht. Diese simple Wahrheit vergessen bisweilen leider auch die Wetterhähne selbst, und dann versteigen sie sich bisweilen in Personenkulte und leisten sich Übergriffe, anstatt ihre Göttlichkeit einfach anzunehmen und auszufüllen.

Dabei hat der Wetterhahn so viel mehr und soviel Wichtigeres zu tun. Wo geht es zum Beispiel in den nächsten Jahren mit unserem Klima hin? – Lieber Wetterhahn, bitte berichte.


Beteiligt:

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HikE Worth
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Vogel der Woche: #055 - Der Siedetaucher

15. Juli 2024

Heute: Der Siedetaucher. Gavia therma.

Dieser Vogel lebt bevorzugt in heißen Ge­wässern. Sollte er versehentlich in kalte Flüssigkeiten geraten, so ändert er dies schnell, indem er seine Füße auf 100 °C aufheizt. Findige Feldforscher und erfahre­ne Weltreisende haben gerne einen dieser Vögel im Gepäck, da sie auf diese Weise immer schnell ’nen Kaffee oder ’ne Tüten­suppe zubereiten können. Allerdings müs­sen sie aufpassen, dass er im Gepäck nie­mals nass wird, ansonsten brennt er gelegentlich auch schon mal ein Loch in den Rucksack.

Außerhalb von Flüssigkeiten ist der Siede­taucher harmlos.


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Désirée Börner
Sprecherin

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Vogel der Woche: #054 - Der Starr

8. Juli 2024

Heute: Der Starr. Sturus vulgaris.

Der Starr ist einer der Vögel, die man fast nur in Massen antrifft. – Nicht, dass er gesellig wäre – er weigert sich nur, wieder wegzufliegen, wenn er einmal irgendwo steht. Und durch diese Provokation werden immer mehr Starre verleitet, das Gleiche zu tun.

Die Folge: ständiges Gedrängel, Gezeter und – Nachahmen anderer Vögel (diese reagieren auch auf die „Provokation“), um den „Gegner“ gezielt und ungestraft, da unverständlich, beschimpfen zu können. Im Falle einer verständlichen Beleidigung kommt es zu einem Flugduell.

Selbst ohne dumme Sprüche reagieren Starre im Luftraum sehr spitz aufeinander – sie haben kantenverstärkte zugespitzte Flügelenden, um es dem anderen möglichst schwer zu machen – im Leben und im Flug. Ständige Sticheleien sind ebenso an der Tagesordnung wie die spitzen Schreie der Ausgestochenen.

Auf dem Boden haben Starre einen wackligen, unbeholfenen Gang, da sie das Laufen wegen ständiger Sturheit nicht gewöhnt sind.

Dafür haben sie ein um so lauteres Organ, denn wenn nur wenige Starre in der Nähe sind, müssen sie sich über weite Strecken hinweg anschreien können, damit es ja bald voll wird auf ihrem Sitzplatz.

Wie sich die Starre fortpflanzen, ist noch nicht geklärt. Scheinbar wird der Hass auf Artgenossen zu bestimmten Zeiten durch irgendeinen hormongesteuerten Mechanismus unterdrückt (wie bei anderen einzelgängerischen Arten beobachtet). Das Starr-Weibchen sitzt so fest auf ihren Eiern, dass die schlüpfenden Jungen sie regelrecht verprügeln müssen, damit sie auch nur einen Fuß hebt. So ist wenigstens das Bebrüten sicher.

Der Starr wird oft Opfer von Katzen und anderen Beutegreifern, da sein Fluchttrieb bis zum Minimalen verkümmert ist. Aber das macht er durch seine großen Populationen wieder wett. Außerdem werden Beutegreifer auch durch die meist riesigen Stückzahlen verwirrt, so dass es fast nur einzeln sitzende Starre sind, die erbeutet werden.


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Klara
Sprecherin

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